Route 2001: Stettin-Bergen-Emden
Datum | Start | Ziel | km | Besonderes | Wetter vormittags | Wetter nachmittags |
13. Juli | Zürich CH | München D | 300 | |||
14. Juli | München | Lipno-Stausee CZ | 320 | |||
15. Juli | Lipno-Stausee | Budweis | 50 | Besichtigung von Krumau und Budweis | ||
16. Juli | Budweis | Mala Skala | 260 | Cesky rai | ||
17. Juli | Mala Skala | Miedzyrzecz PL | 280 | |||
18. Juli | Miedzyrzecz | Schweinemünde | 250 | Stettin-Besuch | ||
19. Juli | Schweinemünde | 20 | Fähre 22.00 | |||
20. Juli | Ystad S | Trollhättan | 420 | Wasserfallfest | ||
21. Juli | Trollhättan | Oslo N | 320 | Handschuhe verloren | ||
22. Juli | Oslo | Bergen | 520 | Regen und Erdrutsch | ||
23. Juli | Bergen | 40 | Bergen-Visite | |||
24. Juli | Bergen | Evje | 460 | |||
25. Juli | Evje | Hirtshals DK | 80 | Fähre 14.00 | ||
26. Juli | Hirtshals | Ebeltoft | 250 | |||
27. Juli | Ebeltoft | Greena | 50 | |||
28. Juli | Greena | Varel-Dangast D | 500 | Wattenmeer | ||
29. Juli | Varel-Dangast | Emden | 150 | |||
30. Juli | Emden | 60 | Otto-Haus | |||
31. Juli | Emden | Groningen NL | 120 | |||
1.August | Groningen | Rursee D | 400 | |||
2.August | Woffelsbach | Heidelberg | 320 | |||
3.August | Heidelberg | Zürich CH | 320 | |||
Total ca. | 5500 |
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Einleitung
Im letzten Jahr während der Reise vom Nordkap südwärts gefielen mir die
eindrucksvollen Naturlandschaften der Fjorde. Alles war da: Berge, Gletscher,
Tunnels, Pässe, Wasserfälle, Brücken und Meer. Eigentlich fehlten nur noch
Vulkane und Geysire. Da kam mir plötzlich die Idee für das Reiseziel in diesem
Jahr: Island.
Im Internet fand ich heraus, dass Smyril Line das Monopol für Fährverbindungen
nach Island besitzt und nur einmal wöchentlich in Bergen ablegt. Also schrieb
ich ein Mail auf die Färöer-Inseln, um mich nach der Auslastung der Fähre zu
erkunden. Als Antwort bekam ich die Anweisung, mich gefälligst an die Schweizer
Vertretung der Schifffahrtsgesellschaft zu wenden. Dort erklärte man mir, dass
die freien Plätze auf der Fähre erst bei einer Reservation zu erfahren sind
und dass eine Reservation erst bei Zahlung des vollen Fährpreises vorgenommen
werde. Wenn man also wegen einer Panne oder einer unpassierbare Strasse (z.B.
Erdrutsch vor Bergen) die Fähre verpasst, ist das ganze Geld futsch. Da die
Fähre M.F. Norröna eine Kapazität von 1050 Passagieren und 300 Autos hat,
wollte ich es ohne Reservation versuchen. Falls die Fähre ausgebucht sein
sollte, wollte ich die Ostküste Dänemarks und Ostfriesland besuchen. Bisher
hatte ich aber auf den Fähren noch immer ein Plätzchen für meinen Roller
gefunden und deshalb rechnete ich nicht mit einer Absage.
Bei strömendem Regen (wie letztes Jahr) fuhr ich nach München. Dort schlief
ich zum ersten Mal in meinem neuen Zelt "Orion von Exped". Das neue
Zelt ist im Gegensatz zum alten sturmsicher, absolut wasserdicht und hat ein
kleineres Packmass. Doch ist es nicht mehr so einfach aufzustellen: Dazu müssen
3 Stangen aus Flugzeugaluminium eingefädelt werden. Das Innenzelt ist mit 1.25
Meter Breite ziemlich klein, doch für eine Person völlig ausreichend. Was mich
am meisten störte, war das fehlende Vordach, welches ein Frühstück bei Regen
sehr unangenehm machte.
Deutschland
Auf dem schönen Isar-Camping in München hatte ich zwei finnische Ehepaare als
Zeltnachbarn. Sie luden mich zu einem Nachttrunk ein. Beim Bier hielt ich noch
mit, doch als sie dann Wein und Hochprozentiges auftischten, verabschiedete ich
mich. Sie zechten weiter bis in die frühen Morgenstunden, jedenfalls sah ich
sie bis zu meiner Abreise nicht mehr...
Bei schönstem Sonnenschein gings dann via Passau zur tschechischen Grenze bei
Philipsreut. Vor dem Zoll herrschte Stau, doch ich folgte zwei österreichischen
Motorradfahrern links vorbei.
Tschechei
In Cerna Posumavi am Lipno-Stausee fand ich einen
schön gelegenen Campingplatz und beschloss hier und nicht erst in Krumau mein
Zelt aufzuschlagen. Am nächsten Tag brauchte die Besichtigung von Krumau und Budweis
so viel Zeit, dass ich nur 50 km weit kam. Der Stadtplatz von Budweis war am Nachmittag
bei einer Temperatur von über 30 Grad wie ausgestoben. Die Besteigung des 90 Meter hohen
Schwarzen Turms war eine schweisstreibende Angelegenheit, aber zum Glück gibt es in Budweis
eines der besten Biere gegen den Durst. Nach der hochsommerlichen Hitze am Tag
brachte das heftige Gewitter am Abend eine angenehme Abkühlung.
Am nächsten Tag war
es bedeckt, aber zum Glück trocken. So konnte ich die Burg Trosky, die Kalkfelsen bei
Hruba Skala und das Böhmische Paradis Cesky rai ohne Regen erkunden. Während der letzten
Nacht in Tschechien begann es zu regnen, sodass ich am Morgen gezwungen war, mein
Zelt bei strömendem Regen einzupacken. Zuerst verstaute ich alles Gepäck in den Koffern,
um dann im Zelt das Regenkombi zu montieren. So blieb das Gepäck und ich schön trocken,
nur das Zelt wurde tropfnass.
Polen
Beim Ueberqueren der polnischen Grenze goss es wie aus
Kübeln weiter und erst bei der Fahrt nordwärts nach Zielona Gora besserte sich das Wetter.
Später las ich in Schweinemünde in der Zeitung, dass es in Südpolen schwere Ueberschwemmungen
gegeben hatte.
Die Fahrt durch Polen war holprig und halsbrecherisch wie immer, aber sonst ohne Probleme.
Ausser auf dem Campingplatz in Miedzyrzecz, wo ich auf der Flucht vor einer Horde festender
Jugendlicher mein Zelt um Mitternacht in eine ruhige Ecke umziehen musste, um ein Auge
schliessen zu können.
Noch etwas schlaftrunken von der nächtlichen Zügelaktion fuhr ich am Morgen
bei herrlichem Sonnenschein Richtung Stettin los. Im letzten Moment als ich zum
Ueberholen eines Fiat Cinquecento ausscheren wollte, bemerkte ich einen Wagen
neben mir, der bereits am Ueberholen war. Blitzartig war ich wach und musste mir
in Erinnerung rufen, dass hier polnisch gefahren wird und dass man um einiges
mehr aufpassen muss.
Von Stettin war ich positiv überrascht. Ich hatte mir einen stinkenden Hafen
und eine schwarz verruste Stadt vorgestellt. Doch alles schien hell, freundlich
und sauber. Da ich keinen bewachten Parkplatz fand, stellte ich den Burgman samt
Gepäck in ein Parkhaus und fragte den Mann im Bewachungsraum, ob der Roller
hier sicher sei. Er empfahl mir, ihn direkt neben seinen Glaskasten zu stellen.
Beeindruckt von der riesigen Hakenterrasse und dem schönen Ausblick vom Turm
des Schlosses der Pommerschen Herzöge auf Stadt und Oder kam ich zurück zum
Parkhaus. Da die Schranke an der Ausfahrt nur bis zur Mitte reichte, meinte ich
spasseshalber da könne ich ja ohne Bezahlung durchfahren. Der Wachmann meinte
augenzwinkernd, was mich denn davon abhalte? Also gab ich ihm einige Sloty und
fuhr an der Schranke vorbei, so hatte ich einen günstigeren Parktarif und der
Wachmann sein Trinkgeld...
Ich hatte noch zirka 100 Kilometer bis nach Schweinemünde vor mir und die
schlechte Strasse und Hunger plagten mich. Beim Erblicken einer Schaschlik- Bude
zog ich erfreut an den Bremsen und verleibte mir einen gigantischen Grillspiess
ein. Gestärkt erblickte ich später Schweinemünde, doch auch nach längerem
Suchen konnte ich keine Brücke finden. Ich fragte einen Taxifahrer, jedoch erst
nach Bekanntgabe aller technischen Details des Burgmans gab er mir Antwort: Es
gibt keine Brücke (sondern nur eine Gratisfähre)!
Auf dem Campingplatz und am Strand war mächtig viel los. Verkaufsstände,
Imbissbuden und Musik-Cafés säumten die Strandpromenade. Vor dem Nachtessen
wollte ich mich noch frisch machen, staunte aber nicht schlecht über die beiden
Mädchen in der Männerdusche. Sie luden ihr Mobiltelefon an der scheinbar
einzigen funktionierenden Stromquelle auf. Ich grüsste und liess mich nicht vom
Duschen abhalten, was mich aber wirklich störte war, dass nur kaltes Wasser
kam. Nebenan aus der Frauendusche hörte ich einige Frauen ganz kräftig auf
deutsch fluchen. Offenbar hatten sich ein paar polnische Jünglinge dorthin
"verirrt". Die erzürnten Frauen waren extrem emanzipiert, trugen sehr
kurze Haare und kamen aus Berlin, doch davon später.
Am Abend schlenderte ich am Strand entlang, probierte Asiatisches aus dem Wok
und lauschte der Live-Musik. Nach zehn Uhr war ich so müde, dass es mich zum
Zelt zog. Bei einem letzten Bier vor dem Zelt sitzend machte ich eine
Beobachtung. Die drei kurzgeschorenen Berlinerinnen marschierten grusslos an mir
vorbei, gefolgt von drei Männern in einem Abstand von 20 Metern. Kurz darauf
verliessen die Frauen das Campinggelände und nochmals einige Minuten später
die Männer auch, bepackt mit Rucksäcken. Aha, dachte ich mir, die machen
dasselbe wie ich morgen: Sie nehmen die Nachtfähre nach Ystad. Am Morgen beim
Frühstücken kam eine der drei Frauen auf mich losgesteuert und erkundigte
sich, ob ich in der Nacht etwas bemerkt hätte. Sie kämen aus Berlin und
vermissten ihre Rucksäcke mitsamt Pässen und Wertsachen. Ich erzählte offen
von meinen Beobachtungen. Die Frau wäre mir am liebsten an die Kehle
gesprungen, weil ich die Diebe nicht aufgehalten hatte. Jetzt wurde mir alles
klar: Die Kerle reisten nicht ab, um die Nachtfähre zu erreichen, sondern sie
klauten die Rucksäcke aus Rache für die empfangenen "Koseworte" in
der Frauendusche.
Nach einiger Zeit erschien die Berliner Nachbarin erneut und befahl, ich solle
mich bei der Camping-Anmeldung als Zeuge melden. Dort angelangt, fragte ich, ob
ich deutsch oder englisch sprechen solle. Ein Fräulein antwortete, dass sie
deutsch spreche. Also erzählte ich die ganze Geschichte von A-Z und erwähnte
auch, dass ich wegen der Dunkelheit keine Gesichter erkennen konnte. Nun wollte
mir das Fräulein in sehr gebrochenem Deutsch weismachen, dass ich für die drei
Kerle mit den Rucksäcken auch eine Uebernachtungsgebühr zu entrichten hätte.
Sie hatte nicht mal das Wort "Zeuge" verstanden und meinte, ich hätte
zu viert übernachtet! Als die Situation wegen Kommunikationsproblemen immer
abstrakter wurde, flüchtete ich von der Reception mit der Bemerkung, es sei
alles ok.
Am Abend verliess ich mit der Nachtfähre Polen. Da ich kein Zimmer gebucht
hatte, schlief ich wie viele andere auf den Teppichen in den Gängen.
Schweden
Um sechs Uhr Morgens wurde ich durch frostige Luft geweckt, denn ein Matrose
hatte alle Fenster und Türen geöffnet, um die muffigen Gänge zu lüften. Nach
einem Frühstück um Sieben befand ich mich bereits um Acht mit dem Burgman auf
schwedischen Strassen unterwegs. In Richtung Göteborg wurde der Verkehr immer
dichter und das Vorurteil vom gelassenen, rücksichtsvollen schwedischen
Autofahrer widerlegt: Wie in allen Metropolen wurde auch hier um jeden Meter
gekämpft. Dafür war das Wetter typisch skandinavisch, der erste Schauer liess
nicht lange auf sich warten. Da ich so schön im Schwung war, wollte ich noch
ein bisschen weiterfahren. In Trollhättan bemerkte ich ein Campingschild und
entschloss mich spontan zur Uebernachtung, obwohl ich nicht wusste, dass hier
dieses Wochenende eines der bekanntesten Feste Schwedens stattfand. Manchmal ist
es ganz gut, wenn man einfach der Nase folgt. Der Wasserfall hier mit einer
Fallhöhe von 32 Metern wurde 1910 ein Opfer der Energiegewinnung. Jedes Jahr am
"Tag des Wasserfalls" werden zu jeder vollen Stunde die Schleusen für
5 Minuten geöffnet, wobei die donnernden und stiebenden Wassermassen das
Flussbett innert kürzester Zeit füllen. Um diese Attraktion herum findet ein
Volksfest statt mit Imbissbuden, Bierzelten und Rockkonzerten. Negativ
aufgefallen sind mir nur die aggressiven Jugendlichen, denn ich konnte
verschiedene Scharmützel untereinander und mit der Polizei beobachten.
Unterwegs nach Karlstad dem riesigen Vänernsee entlang machte ich Halt in Amal,
das 1999 mit dem Filmhit "Fucking Amal" berühmt wurde. In diesem Film
wird Amal als Sinnbild für ein trostloses Provinznest dargestellt, in dem sich
Jugendliche zu Tode langweilen (vielleicht darum die Aggressivität, siehe
oben).
Norwegen
Etwa 70 Kilometer vor Oslo kam die Sonne zum Vorschein und ich stoppte, um
die zu warmen Handschuhe auszuziehen. Auf dem Campingplatz Ekeberg hoch über
Oslo bemerkte ich den Verlust meiner Handschuhe, die ich offensichtlich statt im
Rucksack zu verstauen einfach auf dem Topcase liegengelassen hatte. Murphy hatte
wieder mal zugeschlagen: Erstens war Samstag und ich konnte Sonntags keine neuen
Handschuhe kaufen, zweitens goss es am nächsten Tag wie aus Kübeln und
drittens führte meine Etappe nach Bergen über den Strandavatn, der nahe der
Schneegrenze liegt. Als Notlösung montierte ich die wollenen
Unterziehhandschuhe und darüber den Regenschutz. Doch bereits das Hallingdalen
hinauf hatte ich klamme Finger und spürte Schmerzen im Unterarm beim Gasgeben,
weil ich mich so stark festklammern musste. Zwischen Gol und Hol sah ich die
Lösung in einem Tankstellenshop: Gefütterte Gartenhandschuhe! Sofort erstand
ich mir diese und hatte warme Finger bis Bergen, trotz Kälte und Dauerregen.
Dieser Regen war auch für norwegische Verhältnisse ein bisschen stark, denn
kurz vor Bergen war die halbe Strasse von einem Erdrutsch verschüttet. Auf der
noch freien Seite lagen etwa 10 Zentimeter Geröll und Schlamm, sodass ich beim
Durchfahren mit dem Burgman mächtig ins Rudern kam. Angekommen beim
Campingplatz bemerkte ich, dass die Hälfte der Wiese unter Wasser stand. Scheu
erkundigte ich mich bei der kräftigen, jungen Frau mit blonden Zöpfen nach
einer freien Hütte, doch die Antwort kam blitzschnell: No Hytter ledig! Also
suchte ich eine möglichst hochgelegene Stelle und fing an, das Zelt im Regen
aufzustellen. Plötzlich tauchte der holländische Nachbar, der mit Wohnwagen
komfortabler reiste, mit einer dampfenden Tasse Kaffee neben mir auf. Welche
Wohltat in diesem Moment!
Am Montagmorgen fuhr ich ins Zentrum von Bergen, um die Fähre nach Island zu
buchen, welche am Dienstag auslief. Ich war gespannt wie eine Feder, ob dies
wohl klappen würde. Für die Hinfahrt sei noch ein Bett frei auf der Höhe des
Parkdecks in einer 4er Kajüte, ohne Toilette, Dusche und Fenster. Ich meinte,
das sei ok., zum Schlafen reiche das. Für die Rückfahrt nach 14 Tagen habe es
noch jede Menge Kajüten, doch sei die maximale Anzahl Fahrzeuge bereits
erreicht. Ich könne also mein Motorrad nicht mitnehmen. Freundlich erklärte
ich, dass mein Roller problemlos in jede Lücke geparkt werden kann. Nein,
Roller werden wie PKWs gezählt und die Fähre sei voll, da nützte auch Bitten,
Flehen, Diskutieren und Schreien nichts...
Mit leicht erhöhtem Adrenalinspiegel verliess ich die Smyril Line und regte
mich bei einem feinen Krabbenbrötchen auf dem Fischmarkt ab. Für eine horrende
Summe erstand ich ein Sixpack Bier und ein grosses Entrecote, damit ich nach
dieser Entäuschung wenigstens ein erfreuliches Nachtessen hatte. In einem
Internetcafe schaute ich mir noch das Europawetter an und erfuhr, dass in
Dänemark schönstes Wetter mit Temperaturen bis zu 30 Grad herrschte. Also
nichts wie hin, denn ich wollte schon lange mal Djursland mit den berühmten
Dörfern Greena und Ebeltoft besuchen. Aber zunächst war noch Regen angesagt,
doch mit jedem Kilometer entlang dem Setesdalen südwärts besserte sich das
Wetter. In Evje bemerkte ich einen Campingplatz mit einem grossen Festzelt und
entschloss mich für eine Uebernachtung. Diesmal hatte mich meine Nase im Stich
gelassen, denn der Platz war voller Sektenmitglieder und das Festzelt war eine
Art Tempel.
Frühmorgens quäkte eine Stimme aus den Lautsprecher und alle Campeure
verschwanden im Zelttempel, sodass eine gespentische Stille auf den Platz
herrschte. Ich zog es vor, Richtung Kristiansand abzuhauen. Dort angekommen
buchte ich die Fähre nach Hirtshals, stellte den Burgman ins Parkdeck und
machte es mir auf dem Oberdeck an der Sonne gemütlich. Plötzlich wurde per
Lautsprecher der Fahrer eines Scooters mit meinem Zürcher Kontrollschildern
gesucht, denn dies war die Fähre nach England!
Dänemark
Doch noch sicher in Dänemark angekommen, liess ich mich von der Sonne, den günstigen Preisen und dem feinen Bier verwöhnen. In Ebeltoft wurde ich in einem Steakhouse sehr freundlich bedient und sie empfahl mir, ein mitelalterliches Pub zu besuchen. In einer Gasse kamen mir sogar die berühmten Ebeltofter Nachtwächter entgegen, doch bis ich meine manuelle Spiegelreflexkamera in Position gebracht hatte, waren sie bereits in einer andern Gasse verschwunden. Im Pub traf ich lauter nette Leute, unter anderem einen technischen Assistenten und eine Fotografin von der nahegelegenen Filmakademie. In Greena bediente man mich in zwei Esslokalen nicht und auch die Jugendhorden und das Polizeiaufgebot in der Innenstadt gefielen mir nicht. Durch Hunger getrieben, schob ich mir notgedrungen an einer Imbissbude eine Pizza rein, doch schmeckte diese scheusslich. Ich bereute, dass ich nicht auch noch den Freitag in Ebeltoft verbracht hatte.
Heimweg via Deutschland und Niederlande
Am nächsten Tag gings via Itzehoe nach Glückstadt. Vor der Elbe stauten
sich die Fahrzeuge über einen Kilometer lang, um auf die Fähre zu gelangen.
Ich fuhr links vorbei und fand mich mit schliesslich mit drei anderen
Motorradfahrern auf schweren Choppern und Cruisern an der Spitze wieder. Auf der
Fähre staunte ich nicht schlecht, als sich aus den Helmen allesamt feminine
Wesen herausschälten, zwei aus Hamburg und eine aus Cuxhaven. Durch mein
grosses Gepäck neugierig geworden, kamen wir ins Gespräch. Ich erzählte von
meiner Reisestrecke durch Polen, Schweden und Norwegen. Ein bisschen neidisch
meinten sie dann, sie hätten es bis jetzt nur zur dänischen Grenze geschafft.
In Sandstedt nahm ich die nächste Fähre über die Weser. Ich hatte vergessen,
meine Kronen in DM umzuwechseln und so besass ich nur noch 2.50 statt der
erforderlichen 4 DM. Der Kontrolleur fluchte in seinen Bart, zwinkerte mir zu
und ging zum nächsten Passagier. Diese Erfahrung machte ich später noch
öfters mit Ostfriesen: Rauhe Schale aber freundlicher Kern.
Da es schon Abend war, entschloss ich mich in Varel Dangast zu übernachten und
erst am nächsten Tag nach Emden zu fahren. Ein riesiger Campingplatz erwartete
mich am Jadebusen. Am Eingang wurde ich von einem VW-Bus abgeholt und bis zu
meiner Parzelle eskortiert. Frisch geduscht ging ich aus, doch hier ist
Nordsee-Kuren angesagt und so fand selbst am Samstag überhaupt kein Nachtleben
statt.
Am Sonntag gings über die zahlreichen Siels nach Norden. Das Wetter und die
Gegend waren schön, doch die Autokolonnen das Gegenteil. Unterwegs steuerte
eine Vespa auf mich zu, welche mit allen Schikanen bis zum Zigaretten- und
Getränke-Halter ausgestattet war. Ich fachsimpelte darauf lange mit Heiko aus
Esens, dem Präsidenten der Rollerfreunde-Wattwürmer.
Via Emden, Groningen und Nideggen gings ein paar Tage später an den Rursee. Auf
der Staumauer traf ich einige motorisierte Zweiradfahrer und erkundigte mich
nach dem nächstem Campingplatz. Zwei erklärten mir, dieser liege in
Woffelsbach, sei aber schwer zu finden. Netterweise fuhren sie dann voraus bis
zum Zeltplatz. Dort regierte ein kleiner Diktator über sein Reich und
korrigierte jeden von seiner erhöhten Terrasse aus mit lautem Bariton, der sich
nicht hunderprozentig an die Campingregeln hielt. Mich zog es zum See und ich
genoss die Ueberquerung im 24 Grad warmen Wasser, denn ich war vorher bei 30
Grad in Helm und Töffjacke fast geschmolzen.
Richtung Heidelberg wurde es zwar nicht wärmer, aber immer schwüler und die
Hitze war kaum mehr auszuhalten. Nach einem Bad im Neckar (und einer
gründlichen Reinigung danach) traf ich freundliche Zeltnachbarn. Es handelte
sich um David und Daniela aus Italien, welche mich dann später gratis im Taxi
nach Heidelberg mitfahren liessen. Sie freuten sich über mein holpriges
Italienisch und das Schweizer Sackmesser, das ich ihnen als Revanche
überreichte. In der Altstadt herrschte eine brütende Hitze, die ich mit
kühlem Bier zu bekämpfen versuchte. Auf dem Stadtplatz verzehrte ich eine
Spezialität der Gegend, einen Saumagen, der viel besser schmeckt als sein Namen
tönt. Auf einem Studentencamp nahe dem Neckar fand ein Fest statt, wo ich mit
einigen jungen Leuten über Gott und die Welt philosophierte. Nach Mitternacht
nahm ich die 5 Kilometer zurück zum Zelt unter die Füsse. Erstens war eine
herrliche Stimmung mit zuckenden Blitzen am Himmel und zweitens konnte ich
dadurch den Saumagen und das Bier verdauen.
Kurz vor der Schweiz war dann die lange Schönwetterperiode zu Ende und
Dauerregen begleitete mich bis nach Hause.
Was ich unter anderem lernte: Es gibt 2 Arten, sicher mit der Fähre nach Island
zu kommen, indem man entweder rechtzeitig reserviert oder den Juli meidet...