Route 2004: Bretagne

( interaktive Landkarte )



2.August Zürich Dijon 340 km zurück zur Landkarte

Der Gesundheitszustand meiner Frau liess diesen Sommer nur eine einwöchige Abwesenheit zu, während der sich die Schwiegermutter um Frau und Hund kümmerte. Meine Traumziele Schottland und St.Petersburg rückten dadurch in unerreichbare Ferne. Von der Bretagne hatte ich schon viele schöne Bilder gesehen und vor allem der Klosterberg St.Michel faszinierte mich. Also wurde der Entschluss gefasst: In einer Woche sollte ein Kurztrip in die Bretagne zu schaffen sein! 
Bei ungewohntem Wetter, strahlendem Sonnenschein, packte ich meinen Lastesel Burgman AN650. Wenn man alles Gepäck vor der Reise ausgebreitet hat, um es nach vergessenen Artikeln durchzuchecken, hält man es für unmöglich, dass man dies alles auf einem Zweirad verstauen kann. Die Seitenkoffer vom AN400 vermisste ich dennoch ein wenig, denn der Reservekanister musste zuhause bleiben. Dafür war das Gefährt einiges schlanker und das Vorbeischlängeln an Autokolonnen einfacher. Bei Biel verliess ich die Autobahn, um via Jura nach Frankreich einzufallen. Durch enge Schluchten und über sanfte Hügel, vorbei an saftigen Weiden und kräftigen Pferden gings der Grenze am Fluss Doubs entgegen. Jetzt erkannte ich die Strecke hinter Saignelégier, wo wir im Militär bei Nebel, Schnee und Kälte einen Telefonleitung bis zum Zollhaus verlegt hatten. Heute zeigte sich die Gegend von ihrer schönsten Seite, als ob sie sich für das damalige Unbill entschuldigen wollte. An der Brücke über den Doubs hatten weder die Schweizer noch die Franzosen ein Interesse an mir, also brauste ich durch. Kurz nach Maiche plagten mich Hunger und Durst, so dass ich reflexartig bei einem Imbissstand stoppte. Eine Goldwing stand bereits da und ihr beleibter Besitzer biss herzhaft in ein Grillhuhn. Da "Texas USA" auf den Kontrollschildern der Honda stand, sprach ich ihn auf englisch an. Es stellte sich aber schnell heraus, dass der Fahrer aus Süddeutschland stammte. Er habe heute eine grössere Tour von sage und schreibe 70 km geplant. Bei meiner Ankunft in Dijon standen am Abend über 300 km mehr auf dem Tacho. 
Dank meiner Routenplanung, welche fast ausschliesslich aus Nebenstrassen bestand, erlebte ich nie auch nur die Spur eines Staus. Im Gegenteil, ab und zu mal ein Auto, ein Lastwagen oder ein Traktor. Zwei Dinge erstaunten mich. Erstens waren die Strassen mehrheitlich in gutem Zustand, sodass man sich mit 100-140 km/h fortbewegen konnte und zweitens wichen die meisten Autofahrer panikartig nach rechts aus, wenn sie ein Motorrad im Rückspiegel sahen. Durch dieses Verhalten wäre das Ueberholen auch bei Gegenverkehr möglich, doch so eilig hatte ich es nun auch wieder nicht.
Die Temperatur war auf fast 30 Grad geklettert. Um meinen Durst zu stillen suchte ich mir einen Rastplatz an der Saone aus. Zehn Meter nach einem Fahrverbotsschild erblickte ich den heissersehnten Schatten eines Baumes und fuhr hin. Sofort klappte ein Angler seine Rute ein und kam angerannt. Wegen diesen 10 Metern Fahrverbot wollte dieser jetzt ein Theater machen? Im Gegenteil, er stellte sich als BMW-Cruiser-Fahrer vor und interessierte sich für den Burgman. Er hatte schon viel über den motorradähnlichen Roller gelesen, doch noch nie einen in Frankreich gesehen. Auf meine Frage, ob er zufällig wisse, wo der Campingplatz in Dijon liege, lachte er. Er sei in der Stadt aufgewachsen und so erstellte er mir ein komplettes Fahrtenbuch, an welcher Kreuzung ich wie abbiegen solle. Dank seiner Hilfe war dann etwas später der Campingplatz im Handumdrehen gefunden. In der Stadt herrschten über 35 Grad und mir klebte alles am Leibe. Flugs das Zelt aufgestellt und dann unter die Dusche! Der Campingplatz von Dijon ist sehr gut gelegen, es ist ruhig dort und dennoch ist man nach 30 Minuten Fussmarsch im Zentrum. Leider ist die Strasse entlang dem Bahnhof stark befahren und die Wanderung somit nicht unbedingt ein Genuss. Doch dafür ist der Roller diebstahlsicher abgestellt und man kann sich ohne Risiko ein paar Gläschen zum Essen gönnen. 
Heisshungrig entdeckte ich ein gemütliches Restaurant in einem Hinterhof und wollte etwas bestellen. Eine junge Dame machte mir aber freundlich klar, dass vor 20 Uhr nichts zu wollen sei. Somit hatte ich noch über eine Stunde Zeit, um durch die schöne Altstadt zu schlendern und ein paar Fotos zu machen. Wieder zurück fand ich einen Tisch neben dem eines Ehepaars aus Oesterreich. Sie waren unter anderem in der Gegend, um ihren Weinkeller aufzufüllen. Zu diesem Zwecke mussten sie viele Gewächse vorerst probieren, was sie denn auch ausgiebig taten. Ich gönnte mir ein feines Gericht mit Jakobsmuscheln, nur der Preis von 25 Euros stiess mir sauer auf. 
Zurück auf dem Campingplatz bemerkte ich, dass die Kneipe noch offen hatte. Ich gönnte mir einen Schlummerbecher und kam mit einem Paar aus Deutschland ins Gespräch. Sie waren mit den Fahrrädern unterwegs und schwärmten von den vielen Kanälen und Schleusen hier. Einziger Wermutstropfen sei, dass die schönen Schlepperpfade von früher heute vielfach ungepflegt, mit Gras überwachsen oder wegen Sträuchern sogar unpassierbar seien. Das erste Mal seit Island kroch ich wieder einmal in die Schlaftüte und schlief sofort ein.

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3.August Dijon Orléans 320 km zurück zur Landkarte

Am Morgen braute sich ein Gewitter zusammen. Man hörte fernes Donnergrollen und Blitze zuckten am Himmel. Zum Glück zog das Gewitter südlich von Dijon vorbei, sodass auf meinem Weg nordwärts nach "Chatillon sur Seine" nichts zu befürchten war. In einem kleinen Dorf hielt ich vor einer Kneipe, um mit einem Kaffee die Lebensgeister zu wecken. An der Bar sassen rund ein halbes Dutzend Männer, jeder mit einer Weinkaraffe vor sich. Diesen säuerlichen Weissweingeruch musste ich jetzt am Morgen nicht haben, also genoss ich den Kaffee im Freien und liess mir die Croissants dazu schmecken. 
Schöne Landstrassen und kaum Verkehr förderten das flotte Vorankommen. Auf vielen Feldern wurde Korn geerntet und das Stroh zu Ballen gepresst. Haushohe Ballentürme warteten darauf, abtransportiert zu werden. Mancher Lastwagen schien mir derart überladen zu sein, als würde er in der nächsten Kurve kippen. Was mir noch auffiel war der ungepflegte Zustand vieler Bauernhöfe, einige Scheunen schienen akut einsturzgefährdet zu sein. Man sollte auch nicht unbedingt am Morgen schon Wein trinken... 
Ab Gien der Loire entlang war alles wieder gepflegter, bereit für die Touristenströme. Zuerst hatte ich vorgehabt, in Jargeau zu übernachten. Weil es noch früh war und ich sowieso Orléans besuchen wollte, beschloss ich dort einen Campingplatz zu suchen. In der Stadt war es nicht nur heiss, sondern auch noch feucht, sodass mir Bäche aus dem Helm liefen. Mitten in Orléans hatte ich ein Schild gesehen, welches eine Touristeninformation anzeigte. Ich stellte den Burgman auf dem Platz vor einem barocken Haus ab, das gerade in Renovation stand. Ein Maler rief aus dem Fenster, dass es keine gute Idee sei, das ganze Gepäcke allein zu lassen, doch ich hatte keine andere Wahl. Ich deutete auf die Information und er versprach, auf meinen Roller aufzupassen. Endlich beim Tourismusbüro angelangt zeigte ein Schild an, dass es neu in einer anderen Strasse sei: Merde! Also ging ich zum Burgman zurück, wo bereits zwei Maler auf dem Trottoir Wache standen. Einer hatte einen Supersportler gehabt, doch nach einem schweren Unfall das Motorradfahren aufgegeben. Unterdessen schauten die restlichen Handwerker aus den Fenstern meinen Roller an: Die Renovation soll warten. 
In Frankreich gibt es nur in den Städten Roller bis 125 ccm. Wer Motorrad fährt, hat eine Rennmaschine und rast damit halsbrecherisch herum. Chopper, Cruiser oder grosse Roller sind äusserst selten. Auf meine Frage nach dem Zeltplatz nickte einer der Maler: Ich müsse nur rechts der Loire entlang westwärts fahren, dann sei links "Camping de la Chapelle" angeschrieben. Dank der freundlichen Hilfe fand ich den Platz schnell. Die Sanitärausstattung war äusserst einfach, dafür die Lage direkt an der Loire äusserst idyllisch. Nach dem Aufstellen meiner Stoffbehausung gings zum nächsten Supermarkt, denn mein Magen knurrte. Sowas riesiges hatte ich noch nie gesehen. Hier gabs auf der Grösse von zwei Fussballfeldern vom Fernsehgerät bis zu exotischen Lebensmittel alles. Zudem sorgten über 50 Kassen dafür, dass nirgends ein Stau entstand. Unter anderem wollte ich Käse und Brot kaufen, aber welchen Käse nehmen von den 100 oder welches Brot von den 50 angebotenen Sorten? Man kanns mit der Auswahl auch übertreiben... 
Am Abend ritt ich auf Schusters Rappen ins Zentrum. Die Strecke war mit 45 Minuten Marsch ordentlich weit, dafür auf einem Kiesweg durch freie Natur direkt der Loire entlang sehr schön. Beim Eindunkeln waren die Strassen nur noch von Schwarzen bevölkert, was mich zur Heimkehr bewegte. Ich dachte, ich sei in Orléans und nicht in "New Orleans". Heil auf dem Campingplatz angekommen wartete die nächste Ueberraschung auf mich. Der Platzwart bestand darauf, dass ich mein Zelt versetzte, da es 20 cm in die nächste Parzelle ragte. Seiner Mine nach würde ich erst Nachtruhe finden, wenn ich den Anordnungen Folge geleistet hatte. Beim Einschlafen dachte ich: Die sind ja noch spiessiger als wir Schweizer...

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4.August Orléans Saumur 240 km zurück zur Landkarte

Beim Frühstück vor dem Zelt kam ich mit den Zeltnachbarn ins Gespräch. Es war ein junges Paar aus Italien, welches hier möglichst viele Loire-Schlösser besichtigen wollte. Der Mann sprach so gut deutsch, dass ich meine paar Brocken Italienisch gar nicht zu bemühen brauchte. Nach dem gegenseitigen Wünschen einer guten Reise brauste ich der Loire entlang westwärts. In Richtung Flusslauf auf der linken Seite führt eine romantische Nebenstrasse durch viele Alleen und Dörfer. Nach Zwischenhalten in Blois und Amboise entdeckte ich das Schild einer Weinkellnerei. Im Felsenkeller waren alle Werkzeuge und Geräte ausgestellt, welche man zur Kultivierung der Reben, Pressung des Saftes und Gärung des Weines braucht. Die Aufforderung zu einer Gratisdegustation lehnte ich dankend ab, erstens war es erst Vormittag und zweitens musste ich noch fahren. 
Bei Tours fand ich die Strasse entlang der Loire nicht mehr, kurvte zwischen den grauen Betonblöcken der Vorstadt herum und erwischte schlussendlich die Autobahn in Richtung Süden. Schwarze Wolken im Westen verhiessen nichts Gutes. Bei der ersten Ausfahrt wurde die Autobahn verlassen und das Regenkombi montiert. Bei leichtem Regen gings mit 140 km/h die kilometerlange, gerade Strasse Richtung Chinon hinunter. Plötzlich versperrte mir eine Horde Harley-Fahrer den Weg. Scheinbar ihr Anführer machte ein Zeichen mit dem Bein, alle fuhren rechts und ich konnte mit zum Dank eingeschalteten Warnblinker vorbeirollern. In diesem Moment hätte ich um kein Geld der Welt mein wohlig trockenes Regenkombi gegen ihre wassertriefenden Lederkostüme getauscht. 
Nach Chinon wurde der Regen immer stärker. Auf dem Zeltplatz in Saumur hatten sich bereits kleine Seen gebildet, doch das hielt einen Island-Erfahrenen nicht vom Aufstellen seines Zeltes ab. Nach einem Nickerchen hatte sich das Wetter gebessert, sodass einem Fussmarsch zur Burg Saumur nichts mehr im Wege stand. Die von der Loire her sichtbare Seite war renoviert worden, doch die Rückseite sah bedrohlich nach Einsturz aus. Ich genoss den weiten Blick von hier oben mit einem Glas Rosé in der Hand. In der Altstadt entdeckte ich ein schönes Strassenrestaurant und liess mir einen Berg Muscheln servieren. Um mich herum sassen französische Familien und genossen das gute Mahl, das vor allem aus Meeresfrüchten, Kartoffeln und Wein bestand. Doch diese Beschaulichkeit war im Nu vorbei, als rund ein dutzend Deutsche einfielen. Ihre Kinder rannten umher, kletterten auf Stühle, rissen Blumen aus den Rabatten und eines schmiss fast meinen Tisch um. Zum Glück war ich beim Leeren der letzten Muschel angelangt und konnte das arme Servierpersonal seinem Schicksal überlassen...

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5.August Saumur Vivier sur Mer 300 km zurück zur Landkarte

Kurz vor Angers sprang mir die blinkende Tankanzeige in die Augen. Eigentlich hatte ich vor, links der Loire in Richtung Nantes zu fahren, doch auf dieser Strecke war wohl kaum eine Tankstelle anzutreffen. So fuhr ich halt in Richtung Zentrum. Nach längerem Suchen und mit dem letzten Tropfen Benzin im Tank erspähte ich endlich eine Zapfsäule. Mit einem Reservekanister im Gepäck liesse es sich nervenschonender fahren! In diesem Moment beschloss ich, nach der Tour weiche Seitenkoffer, sogenannte Softbags, näher anzuschauen. 
Durch schmale Strassen und um viele Hausecken herum wurde dann "St.Georges sur Loire" erreicht. Ich musste unbedingt Transitstrassen nehmen, wollte ich noch an diesem Tag die Nordsee erreichen. In Chateaubriant kam mir das gleichnamige Gericht in den Sinn und mir lief das Wasser im Munde zusammen. Notgedrungen biss ich ins mitgebrachte Sandwich. 
Dann gings wie im Flug an Rennes vorbei bis zum schönen, mittelalterlichen Combourg. Endlich erreichte ich später das Meer beim gepflegten Dorf "Vivier sur Mer". Die dunklen Backsteinheinhäuser, die blumengeschmückten Gärten und der Campingplatz gefielen mir, also montierte ich mein Zelt. Trotz Müdigkeit schwang ich mich wieder auf den Roller, um St.Malo, genauer La Ville Close, zu besichtigen. Im Innern der Mauern zwängten sich die Touristen durch die Gassen, Restaurant reihte sich an Kneipe und Souvenirboutique an Kitschladen. So zog ich es vor, die Stadt auf der über zwei Kilometer langen Mauer zu umrunden und von oben zu betrachten. Zu sehen war unter anderem die Statue von Robert Surcouf, der das Korsarennest St.Malo zum Schrecken der Engländer machte. 
Die Sonne näherte sich langsam dem Horizont, die vorgelagerten Inselchen waren wegen der Flut nicht mehr zu Fuss erreichbar und eine frische Meerbrise kam auf, also trat ich den Rückweg an. Kurz vor dem Campingplatz fiel mir ein kleines Restaurant direkt am Meer auf, welches Muscheln anpries. Reflexartig zog mein Magen an den Bremsen und ich schlürfte wenig später Austern, Muscheln und einen Schluck Weisswein. Den Rest der Flasche genoss ich dann bei Kerzenschein vor dem Zelt. Mit Wehmut musste ich daran denken, dass dies der einzige Abend in der Bretagne sein wird.

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6.August Vivier sur Mer Fontainebleau 440 km zurück zur Landkarte

An diesem Tag war früh Tagwache, denn ein grosses Programm stand heute an. Zuerst St.Michel besichtigen und dann noch 400 km Fahrt, weil ich in drei Tagen zuhause sein musste. Der Himmel schien gnädig mit mir gestimmt zu sein, beim kräftigenden Frühstück wärmten mich die ersten Sonnenstrahlen und keine Wolke war zu sehen. Zum Glück war ich beizeiten dran, denn vor dem Klosterberg war der Parkplatz noch fast leer und nur einzelne Autobusse auszumachen. 
St.Michel ist schon von weitem faszinierend, doch wenn man direkt davorsteht ist das Bauwerk gigantisch. Gemäss Sage gab der Erzengel Michael im Jahre 708 den Befehl, auf der 80 Meter hohen Felsenspitze eine Kirche zu erbauen. Im Jahre 1084 war dann das mächtige Kloster fertig gebaut. Vor dem Hundertjährigen Krieg kam noch ein mächtiger Befestigungsring dazu. Weder den Franzosen noch den Engländern gelang es, diese Festung der Bretonen zu erobern. Grosse Geschütze versanken im Sand,  Kriegsschiffe liefen auf Grund und zu Fuss waren diese Mauern nicht einzureissen. Nach dem Entrichten von 9 Euros Eintritt und Besichtigung des mächtigen, über drei Stockwerke verteilten Bauwerks gings der Grande Rue entlang hinaus. Jedenfalls war das meine Absicht, doch inzwischen strömten so viele Touristen herein, dass es durch die schmale Gasse kaum mehr ein Durchkommen gab. Als ich es endlich geschafft hatte, rutschte mir das Herz beinahe in die Hosen: Die Sturzbügel an meinem Burgman waren abmontiert und das Gepäck auf dem Sozius weg! Bei näherer Betrachtung entdeckte ich zuerst die österreichischen Kennzeichen und dann meinen unversehrten Burgman ganz in der Nähe. Ich hatte nicht damit gerechnet, hier einen identischen Roller vorzufinden. 
In einiger Entfernung von St.Michel schaltete ich eine Verpflegungspause ein, so konnte ich den Klosterberg zum Abschied nochmals betrachten. Beeindruckt hatte mich der Warenaufzug, der mit einem "Hamsterrad" von 6 Metern Durchmesser von Sklaven angetrieben wurde. Durch ein Gitter gesichert konnte man über 50 Meter in die gähnende Tiefe schauen. Ebenfalls die drei mannshohen Oefen, welche die Krypta beheizten, waren gigantisch: Hier konnte man ganze Baumstämme verbrennen. Schade war, dass man das unterirdische Labyrinth nicht besichtigen durfte. Ein Wärter hatte mir erzählt, dass der ganze Berg durchlöchert sei mit Vorratsräumen, Kammern und Verliessen wie ein Schweizer Käse. Auch eine Sage? Nach einem letzten Blick zurück gings ostwärts nach Hause. 
Nach einer langen Fahrt geriet ich auf der doppelspurigen Umfahrungsstrasse von Chartres in einen langen Stau. Zum Glück hatte ich einen einheimischen Rollerfahrer vor mir, der in selbstmörderischem Tempo in der Mitte voranfuhr. In sicherem Abstand folgte ich ihm, denn man weiss ja nie, ob ein Automobilist einen Schikaneschwenker macht oder sogar die Türe öffnet (leider alles schon erlebt).  Aber nichts von alledem, die meisten machten Platz so gut es ging. Da es langsam Abend und ich müde wurde, suchte ich nach Fontainebleau nach einem Plätzchen für mein Zelt, welches ich zwischen Avon und der Seine fand. Das nächste Dorf war zirka 2 km entfernt und ich zu müde zum laufen oder fahren. So begnügte ich mich mit der Campingkneipe und nagte bald an einer matschigen Mikrowellenpizza. Das pure Kontrastprogramm zu den gestrigen Meeresfrüchten! Wenigstens war das Bier gut...

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7.August Fontainebleau Gray 320 km zurück zur Landkarte

Auf breiten, geraden Strassen gings zügig voran in Richtung Troyes. Am Wochenende waren viele Biker unterwegs. Ein paar Mal kam mir ein überholendes Motorrad entgegen, welches gerade neben einem Auto fuhr. Dann hiess es ganz rechts fahren und den hirnlosen Raser freundlich zurückgrüssen. 
Bei Langres braute sich ein Gewitter zusammen, sodass ich mich nach einem Zeltplatz umsah. Ganz in der Nähe an einem Stausee gelegen, fand ich ein schönes Exemplar. Doch die vielen Jugendlichen und die grosse Diskothek dort verhiessen keine angenehme Nachtruhe. Also montierte ich meinen Regenschutz und wollte nach Gray fahren. Unterwegs merkte ich, dass die benützte Strasse nach Dijon führte und so bog ich scharf nach links ab. Diese Route über Fontaine Francaise bestand aus Landstrassen dritter Kategorie, kaum breiter als ein Auto und manchmal quer durch Bauernhöfe führend. Nach all den Transitstrassen eine ganz willkommene Abwechslung. 
Beim Erreichen des Zeltplatzes in Gray staunte ich nicht schlecht, denn er war überfüllt mit kugelwerfenden Leuten. Die freundliche Dame an der Reception meinte, diese Boule-Meisterschaft dauere nur noch bis 20 Uhr, danach sei Ruhe und ich dürfe mir übrigens eine Parzelle aussuchen, wo ich wolle. Das war erst das zweite Mal, bei dem ich nicht einen Platz zugewiesen bekam. Ich schätze es nämlich überhaubt nicht, einfach einen Parzelle neben dem Sanitärgebäude oder dem Eingang beziehen zu müssen. 
Beim anschliessenden Schlendern durch Gray fielen mir die vielen Blumen auf, welche den Ort schmückten. In jedem Verkehrskreisel stand ein wahres Meisterwerk. Leider war im einzigen Restaurant, das ich fand, alle Tische reserviert. So fragte ich den Kellner in einem Pub, ob das alles sei, was Gray gastronomisch zu bieten habe. Er empfiehl mir ein italienisches Restaurant, ganz versteckt in einer entfernten Seitengasse. Bei der Rückkehr ins Pub dankte ich ihm für den guten Geheimtip und schaute mich um. Für einen Samstagabend war hier erstaunlich wenig los, nur einige Jugendliche drückten nervös auf ihren Handys herum. Beim Eintreffen am Zelteingang konnte ich die Empfangsdame bestätigen: Es war beschauliche Ruhe eingekehrt.

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8.August Gray Zürich 280 km zurück zur Landkarte

Als ich am Morgen zwischen den Reissverschlüssen hinausschaute, traute ich meinen Augen kaum. Es herrschte so dichter Nebel, dass man die Hecke um das Zelt nur schemenhaft erkennen konnte. Gleich nebenan floss die Saone und es war August: Vorboten des Herbsts. Mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen war dieser Spuk vorbei und ich konnte bei schönstem Wetter und leeren Strassen nach Besancon brausen. Nach der Stadt vermehrten sich die Sonntagsfahrer und ich beschloss, nicht über Basel sondern via Pruntrut in die Schweiz einzureisen. Ein weiser Entschluss, hörte ich doch zuhause im Radio: Basel, zwei Stunden Wartezeit bei der Einreise. In Pruntrut winkten mich wieder beide Parteien durch, ich hätte meinen Pass ebensogut zuhause lassen können.
Ich wäre gerne noch ein paar Tage länger in der Bretagne geblieben und hätte mir unter anderem Brest angeschaut, aber St.Malo und vor allem St.Michel sind allein eine Reise wert...

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